
»Tolles Maßnahmenpaket«: Dieter Gorny (r.) und MdB Rüdiger Kruse (l.)
Foto: Initiative Musik
Ein Kommentar von Fabian Schwinger zur Popförderung des Bundes
Immerhin: Von den 660 Millionen Euro, die der Bund in den kommenden Jahren zusätzlich in die Kulturförderung stecken wird, fließen 2017 8,2 Millionen in die Stärkung von Rock-, Pop- und Jazzmusik in Deutschland. Der Löwenanteil davon geht an die Initiative Musik, die zentrale Fördereinrichtung für die deutsche Musikwirtschaft, die das »tolle Maßnahmenpaket«, so Aufsitzratvorsitzender Dieter Gorny, auch publizistisch weit streut.
Im Prinzip ist jede Investition begrüßenswert, die der Kultur und nicht etwa dem Militär zugutekommt (nur mal zum Vergleich: Der diesjährige Etat für Kultur und Medien beläuft sich auf 1,63 Milliarden, der des Verteidigungsministeriums auf rund 37 Milliarden Euro), dennoch haben die ebenfalls geförderten, als Branchentreffs bekannten Festivals bislang allenfalls diskursive, aber keine musikalische Relevanz gezeitigt. Der Kreis der Beschenkten kürt sich dennoch reichlich selbstbewusst zur Pop-Elite: Alexander Schulz sieht sein Reeperbahn-Festival auf dem besten Weg zu einer »international relevanten Leitveranstaltung«, Norbert Oberhaus erhebt die c/o pop in den Olymp der »popmusikalischen Leuchtturm-Veranstaltungen«, und Sybille Kornitschky, Projektleiterin der jazzahead! Bremen, gelobt artig den »Export von deutschem Jazz«.
Das Mantra von der selbstlosen Förderung kultureller Vielfalt führt Rüdiger Kruse (CDU) vom Haushaltsausschuss des Bundestages routiniert im Mund, aber Subventionierung geschieht nie ohne Eigennutz derer, die politisch und ökonomisch den Ton angeben – und scheint in diesem Fall allzu offensichtlich auf die Etablierung deutscher Popleitkultur und auf deren Export zu schielen. Das Maßnahmenpaket ist der Startschuss zur infrastrukturellen Aufrüstung, um »Made in Germany« fest als Marke in Sachen Popkultur zu verankern und Deutschland als internationalen Standort herauszuputzen. Dafür verbreitet das »Exportbüro« der Initiative Musik das Bild vom hippen Dichter-, Denker- und Musikervolk – und verhilft damit nicht nur der schwächelnden Musikindustrie zu einem Almosen, sondern stellt der deutschen Außenpolitik ein Instrument der Imagepflege an die Seite, das von deren Expansionsbestrebungen abzulenken vermag. Die dominierende Position einer im Bereich des Nation Branding so aktiven Institution wie der Initiative Musik weiter zu stärken, lässt Kulturförderung zur Whitewashing- Kampagne verkommen. Schade, dass vielen Musikern diese Hintergründe leidlich egal sind und sie sich mangels Alternativen achselzuckend ein schwarz-rot-goldenes Logo auf ihre CD pappen.
Der Beitrag erscheint in der Melodie und Rhythmus 1/2017, erhältlich ab dem 30. Dezember 2016 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.