Tracy Chapman hat Abschied genommen von ihrer Hoffnung auf ein besseres Amerika
Dagmar Leischow
Ein Anruf bei Tracy Chapman in einem Hotel in Los Angeles. Nicht sie hebt ab, sondern ein Mitarbeiter ihrer Plattenfirma. »Sie müssen das Interview pünktlich nach 20 Minuten beenden«, mahnt er. »Tracy ist zu höflich, um Sie zu stoppen.« Tatsächlich wirkt die US-Amerikanerin eher zurückhaltend. Sie redet leise und wählt ihre Worte mit Bedacht, hat aber zu allem eine klare Meinung, aus der sie keinen Hehl macht.
Als wir uns über ihr neues »Greatest Hits«-Album unterhalten, kommen wir irgendwann automatisch auf den Klassiker »Fast Car« zu sprechen. Dieser fast 30 Jahre alte Song, der vom tristen Leben einer Frau aus der Unterschicht erzählt, hat bis heute kein bisschen an Relevanz verloren– leider! »Als ich ihn geschrieben habe«, erinnert sich Chapman, »dachte ich, in 20 Jahren würden wir garantiert in einer besseren Welt leben.« Sie malte sich aus, dass Armut in ihrer Heimat eines Tages kein großes Thema mehr wäre. Warum? Weil niemand für einen Schulbesuch oder ein Studium hohe Gebühren bezahlen müsste. Dementsprechend hätten die Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft oder Hautfarbe – bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt; es gäbe weniger Arbeitslose. Doch von dieser Utopie hat sich die 51-Jährige längst verabschiedet. Die Realität hat sie eingeholt: »Inzwischen müssen sich die Leute hoch verschulden, um überhaupt einen College-Abschluss machen zu können.«
Tracy Chapman Greatest Hits
Rhino/Warner
tracychapman.com
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 1/2016, erhältlich ab dem 30. Dezember 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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