Seminar zu Kunst und Marxismus
Kunst ist dazu brauchbar, die Besucher einer politischen Veranstaltung zu unterhalten. Auf diese Höhe schwingt sich das Verständnis politischer Kunst viel zu oft hinab. Zumindest aus der Perspektive derjenigen, die gewohnt sind, politische Veranstaltungen zu gestalten. Gut also, dass auf einem Seminar der Karl-Liebknecht- Schule der DKP in Leverkusen am 13./14. Dezember mit dem Liedermacher Kai Degenhardt und dem Schriftsteller und Verleger Leander Sukov zwei Akteure beteiligt waren, bei denen Politik nicht erst da beginnt, wo sie von ihnen ausgeschmückt werden darf.
Kai Degenhardt charakterisierte das politische Lied als jenes, in dem der Künstler seinen Standpunkt in den Kämpfen der Zeit einnehme, und stellte die These auf, dieses politische Lied in der Tradition der jakobinischen Linken sei mausetot. Der Zusammenhang mit der weltweiten politischen Niederlage der Linken von 1989/90 ist naheliegend. Wo könnte ein Künstler auch einen Standpunkt einnehmen, wenn die Klassenkämpfe, um die es geht, nicht da sind? Leander Sukov näherte sich seiner Einordnung politischer Kunst über die Feststellung, dass reaktionäre Literatur bis auf wenige Ausnahmen nie ihre Zeit überdauere und nur fortschrittliche Kunst dazu in der Lage sei. Die Antwort der Herrschenden darauf bewege sich zwischen Leugnung (im »Unrechtsstaat« gab es keine Literatur) und Entpolitisierung (Brecht hat schöne Lyrik hervorgebracht – aber seine politischen Stücke sind bloße Propaganda). Eine Erkenntnis war an diesem Wochenende präsent: Eine Verbindung von Politik und Kultur, bei der letztere nicht lediglich als Dekoration instrumentalisiert wird, muss in der Praxis erweisen, dass Kultur ein »Vorgriff auf [die] menschliche Zukunft« ist, wie es im DKP-Programm zu lesen ist. An einem Folgeseminar mit einem erweiterten Blick hinaus über den nationalen Tellerrand und unter Einbeziehung weiterer Kunstformen besteht jedenfalls Interesse.
Jürgen Lloyd
Der Beitrag erscheint in der M&R 1/2015, erhältlich ab dem 5. Januar 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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