Foto: Fabrizio Bensch/Reuters
Helene Fischer
»Atemlos durch die Nacht«
»Außer Atem« heißt jenes Meisterwerk von 1960, mit dem Jean-Luc Godard Filmgeschichte schrieb. Es führte die in den 1950er-Jahren aufgekommene Neue Welle des französischen Films zu einem Kulminationspunkt. Atemberaubend war in ihm alles, Aufnahme- und Erzähltechnik, visuelle Ästhetik, innovativer Einsatz von Schauspielern und vieles mehr. Unvergesslich die Hauptdarsteller Jean Seberg und Jean-Paul Belmondo.
Schlagworte der Kultur durchlaufen zuweilen Metamorphosen. Das ist bekannt und oft genug auch begrüßenswert. Aber dass die Kategorie der Atembeschwerde im Titel von Godards genialem Gangsterfilm zur Atemlosigkeit der Liebesschnulze Helene Fischers degenerieren darf, ist schon bitter. Atem ist lebensnotwendig; man sollte seine Verwendung als Metapher oder sonstwie kulturell möglichst für Bedeutendes, gar Existenzielles bewahren. Aber in Fischers Schlager wird’s ja auch existenziell:
Atemlos durch die Nacht
Bis ein neuer Tag erwacht
Atemlos einfach raus
Deine Augen ziehen mich aus!
Atemlos durch die Nacht
Spür‘ was Liebe mit uns macht
Atemlos, schwindelfrei, großes Kino für uns zwei
Wir sind heute ewig, tausend Glücksgefühle
Alles was ich bin, teil‘ ich mit Dir
Wir sind unzertrennlich, irgendwie unsterblich
Komm nimm‘ meine Hand und geh‘ mit mir
Moshe Zuckermann ist Kunsttheoretiker und lehrt an der Universität Tel Aviv (u. a. Kritische Theorie). Er hat diverse Bücher und Aufsätze über Kunstautonomie und zur Kulturindustriethese von Theodor W. Adorno veröffentlicht. Darunter »Kunst und Publikum. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner gesellschaftlichen Hintergehbarkeit«. In den 1970er-Jahren war er als Komponist und Arrangeur tätig.
Die kompletten Analyse lesen Sie in der M&R 1/2015, erhältlich ab dem 5. Januar 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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