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Wenigstens in der »Anstalt« ist kritischer Journalismus noch möglich
Das ZDF-Format »Die Anstalt« greift Themen auf, über die der Rest der Medien schweigt – aus nachvollziehbaren Gründen, wie ein Rechtsstreit im vergangenen Jahr vor Augen führte. Nachdem in einer Folge aufgezeigt worden war, dass namhafte deutsche Journalisten mit privaten, NATO-affinen Elitenetzwerken wie der Atlantik-Brücke verbunden sind, erwirkte der Zeit-Herausgeber Josef Joffe, einer der Bloßgestellten, eine einstweilige Verfügung wegen angeblich falscher Behauptungen. Der Mitschnitt der Sendung musste aus der ZDF-Mediathek entfernt werden – vorübergehend: Das Landgericht Hamburg urteilte schließlich, es sei für den Betrachter nicht entscheidend, ob Joffe statt acht Verbindungen, wie angegeben, nur sieben unterhalte. Ein Eigentor für Joffe, der damit seine Verstrickung in sieben Lobbyorganisationen ungewollt bestätigt sieht, und ein symbolischer Sieg für den kritischen Journalismus – der sich offenbar zum eigenen Schutz immer mehr ins Kabarett zurückziehen muss.
Zum Jahresende hin wurde eine Liste publik mit Journalisten, die in der Atlantik-Brücke sind. Sie wurde anhand der Jahresberichte der neokonservativen Organisation erstellt und zeigt nicht nur, dass der Einfluss der Transatlantiker auf die Leitmedien gravierend ist, sondern auch, dass sie S chlüsselpositionen beim ZDF besetzen – unter anderem die des Intendanten und des Verwaltungsdirektors. Bleibt zu hoffen, dass die Macher von »Die Anstalt« um Max Uthoff und Claus von Wagner sich auch im eigenen Haus nicht einschüchtern lassen und weiterhin mit beißender Satire den Kriegstreibern kräftig auf die Finger klopfen.
red
Der Beitrag erscheint in der M&R 1/2015, erhältlich ab dem 5. Januar 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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