Kitty, Daisy & Lewis am 11. August zu Gast in der Zitadelle Spandau, präsentiert von Melodie&Rhythmus
Es war die erste Ironie dieses Abends, daß die Sharp Tongues als erste Vorgruppe von Kitty, Daisy & Lewis den für die Zitadelle Spandau durchsetzungsfähigsten Sound hatten, aber vor einem mäßig gefüllten Platz spielen mußten. Ihre Mischung aus Indie und Sixties-Punk hatte ein enthusiastischeres Publikum verdient. Gemma Ray konnte mit ihrem gefälligen Gitarrenpop da nicht ganz mithalten. Es blieb allerdings ein Mysterium, warum ihre im Soundcheck so wunderbar über den Platz hallende Stimme im Mix vor Publikum kraftlos klang. Im dumpfen Sound ging auch ihr Hit „Runaway“ unter.
Vor der Kulisse der untergehenden Sonne und bei halbwegs erträglichen Sommertemperaturen betraten gegen 20.40 Uhr Kitty, Daisy & Lewis die Bühne. Und unmittelbar stellte sich so ein „Zurück in die Zukunft“-Gefühl ein. Den Geschwistern von den britischen Inseln gelang das Gaunerstück, eine Musik zu spielen, die 50, 60 Jahre alt ist, und dabei so zu klingen, als hätten sie selbst diesen Sound erfunden. Mehrmals während des Konzerts wechselten sie untereinander die Instrumente, und es ist genau diese voluntaristische Herangehensweise, die ihre Songs frisch hält. Daß sie sich live mit einem zusätzlichen Gitarristen, einer Bassistin und einem Trompeter verstärkten – also eine komplette Band werden wollten -, kratzte etwas an diesem Konzept. Kitty, Daisy & Lewis waren dann am stärksten, als sie sich auf das Spiel zu dritt beschränkten. Es müssen Momente wie dieser gewesen sein – als Lewis minutenlang ein Riff auf der Gitarre spielte, und Kitty & Daisy sporadisch an Schlagzeug und Mundharmonika einstiegen -, die A&R-Manager davon überzeugt haben, diese Band unter Vertrag zu nehmen. In dieser Konstellation sind sie ein Naturereignis.
Es war die zweite Ironie des Abends, daß ausgerechnet der Teil des Konzertes, als sich Kitty, Daisy & Lewis band-verstärkt in Reggae-Gefilde vorwagten, auf Nachfrage bei zwei Vertreterinnen des weiblichen Teils des Publikums die größte Resonanz fand, während das Konzert insgesamt als „etwas hüftsteif“ bewertet wurde. Unterschiede in der Rezeption zwischen Zuschauern und Rezensent sind eben nicht auszuschließen.
Mike Martin
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