Altmeister John Cale kreist über den Songs seines neuen Albums
Text: Wolf Kampmann, Foto: Shawn Brackbill
Hätte John Cale nicht gemeinsam mit Lou Reed Velvet Underground gegründet, wer weiß, ob er als Solokünstler jemals wahrgenommen worden wäre. Von Hause aus eher der Klassik verpflichtet, wäre er sicher ganz schnell wieder in selbiger abgetaucht. Aber »Hätte« zählt nicht. Ein Großteil des Gesamtwerks des walisischen Komponisten und Multiinstrumentalisten mit der New Yorker Seele besteht ohnehin aus Klassik-Kompositionen. »Shifty Adventures In Nookie Wood« ist nun nach zahlreichen Klassik-Soundtracks sein erstes reguläres Song-Album seit sechs Jahren. Zwischen dem Songwriter und dem Komponisten John Cale will er indes keinen Unterschied machen. »Ich nutze meine Fähigkeiten als Komponist, um meine Songs zu schreiben. Ich sitze nicht am Klavier, klimpere vor mich hin und warte, bis ein Song kommt. Ich habe mir ein kleines Studio aufgebaut, in dem ich mich sicher fühle. In diesem Kokon kann ich gut arbeiten, denn dort bringe ich die Dinge auf den Punkt.«
John Cale ist 70. Er versucht nicht, jünger zu wirken. Aber sonderlich jugendlich erschien er auch mit Mitte 20 nicht. Damals hatte er noch ganz andere Träume, als ein Rockstar zu werden. Diese kommen ihm jedoch heute zugute, wenn er mal eben ein Album produzieren muss. »Ich wollte ursprünglich Dirigent werden. Dabei lernte ich, was im ersten Akt einer Sinfonie zu beachten ist, damit der dritte Akt funktioniert. Davon ausgehend kultivierte ich eine Art Vogelperspektive auf meine Songs. Ich betrachte stets den ganzen Song von oben, sodass ich bestimmte Parts zugunsten der Draufsicht leicht verändern kann. Ich habe ein sehr visuelles Verhältnis zu den Strukturen meiner Songs, und die aktuelle Technologie kommt dieser Anlage sehr entgegen. Wenn ich meinen Musikern die Stücke beibringe, bin ich immer noch der Dirigent, der ich in meiner Jugend sein wollte.«
John Cale Shifty Adventures In Nookie Wood
Domino/Goodtogo, VÖ: 02.10.2012
www.john-cale.com
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie&Rhythmus 5/2012, erhältlich ab dem 31. August 2012 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch hier bestellen.
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