Café Jazz aus Bautzen spielen groovenden Clueso-Pop – mit Saxofon
Text: Christoph Schrag, Foto: Markus Eckardt
Nein, das Saxofon, das bereut er nicht. Auch wenn heute kaum eine Band etwas damit anfangen kann. Er wusste nicht mal, was das goldene geschwungene Dingsda sein sollte, als er es in einem Comic zum ersten Mal sah. Aber er wusste, das will er haben. Seine Schwester sagte: »Das ist ein Saxofon.« Ein Kind war er da noch, Steve Kuhnen aus Löbau in Sachsen, wenig später fing er an zu üben. Inzwischen spielt er eines der seltensten Instrumente im deutschen Pop. Und er spielt es verdammt schön. So wie der Rest der Band genau das macht: wirklich schöne Musik, ohne Angst, Stellung zu beziehen, ohne sich hinter Zitaten und Ironie zu verschanzen. Und das bei einem Namen, der für fünf lässige Jungs Anfang 20 noch seltsamer ist, als ein Saxofon: Café Jazz.
Klar, ein Vergleich liegt auf der Zunge bei dem butterweich groovenden Sound, in dem Jan Schneiders Sing-Sang zum Piano und Alex Henkes schimmernde Gitarren genauso wichtig sind, wie das strahlende Saxofon. Das Vorbild Clueso ist schlecht zu verleugnen. Aber nicht nur das Genre passt, sondern auch die Qualität. Etwa die der besonnenen Mutmacher-Texte: »Es wär schlimm, wenn ich so wär wie du und du wie ich/Es wär keine Lösung, denn es hilft uns beiden nicht/Ich werd mir meinen Weg bauen, nur kann es etwas länger dauern/Doch ich hab Selbstvertrauen und ich komm schon klar/Mach dir keine Sorgen, denn das Ziel ist nah.« Reflektierte Zuversicht, getragen von warmer Musik zu entspannten Rhythmen vom naturburschigen Friedi Steinke und dem tanzenden Bass des Exilbayern Abbo Stiehle. Café Jazz spielen ihr Ding sympathisch unprätentiös. So gelassen, wie es nur gute Musiker können. Kein Wunder, dass sie schon vor Jahren diverse Wettbewerbe gewonnen haben und diese Phase bereits weit hinter ihnen liegt.
Ihre Bodenständigkeit kulminiert in der Herkunft: Bautzen. Da purzelt gleich der nächste große Name: Silbermond. Und ja, man kennt sich. Auch Vorband sind sie schon gewesen. Auch wenn die Jungs mit dem Balladenrock ihrer berühmten Nachbarn nun wirklich nichts zu tun haben. Was sie wohl teilen, ist ungetrübter Optimismus und der beinahe naive Glaube, das sei »schon gut so, das ergibt schon alles einen Sinn«. Sich nur Zeit nehmen und nichts so eng sehen.
Der Name Café Jazz beschreibt sie also gar nicht schlecht, wenn man durch seine dichte Staub-Patina blickt. Ihn bereuen sie genauso wenig wie Steve das Saxofon. Eine Jugendsünde, hängen geblieben von einer Aktion, zu der sie, wie viele halbwüchsige Musikschüler, eher gezwungen wurden: Jazz spielen zum Café im Seniorenheim. Weil die Alten das Wort Jazz erst verstanden, als es jemand wie »Jatz« aussprach, bleiben die beiden Gründer Jan und Friedi seither bei genau dieser Aussprache: Kaffee Jatz. Das fällt wenigstens auf. Die Jungs stehen zu den Anfängen im Musikschulkosmos. Was mit 20 so uncool ist wie ein BWL-Studium, waren nun mal die ersten Schritte in einer Zeit, als Mädchen für sie einfach nur so was waren wie langweilige Jungs. Den Musikschulmief haben sie längst abgeschüttelt. Aber die Leichtigkeit und das Unvoreingenommene, die liegen wohl dort genauso begründet wie in Bautzen und in der aufrichtigen kindlichen Verehrung dieses goldenen geschwungenen Dingsdas.
Café Jazz Achtzehndreißig
Soundso/New Music Distribution
www.cafe-jazz.de
Der Beitrag erscheint in der Melodie&Rhythmus 5/2012, erhältlich ab dem 31. August 2012 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch hier bestellen.