Das Life Festival Oswiecim (LFO) lud ukrainische Nationalisten zum Stelldichein. Kritiker der Eskalationspolitik gegen Russland wurden ausgeschlossen
Jährlich findet das LFO statt. Auf der offiziellen Internetseite wird die Agenda des Festivals, das in der Nähe des ehemaligen Vernichtungslagers Auschwitz stattfindet (nicht zuletzt um den »Fluch«, der auf der Stadt Oswiecim lastet, zu brechen, wie Darek Maciborek, Journalist und Initiator, sagt) folgendermaßen beschrieben: »Friedliche Verbindungen über kulturelle und Ländergrenzen hinweg aufzubauen, wo es keinen Platz für Antisemitismus, Rassismus und andere Formen von Xenophobie gibt.« Aber mit welchen Mitteln soll dieses Ziel erreicht werden?
Für das LFO 2015 (16. bis 20. Juni), an dem Manu Chao, UB40 und viele andere international bekannte Musiker mitwirkten, hatten die Organisatoren den Auftritt des bosnischen Bassisten und Komponisten Goran Bregovic gecancelt – eines Künstlers, der immer deutlich Position gegen Kriege bezogen hat. Ihre Begründung: »Die Aussagen des Musikers nach seinem Konzert in Sewastopol, auf dem Bregovic leugnete, auf illegal annektiertem Gebiet aufzutreten, und es ablehnte, Russlands bewaffnete Intervention in der Ukraine zu verurteilen, stehen im Gegensatz zu den Werten der Gründer des Life Festivals.«
Das heißt, Bregovic wurde ausgeschlossen, weil er nicht bereit ist, die Mythen der ukrainischen Medien wiederzugeben. Ein militärisches Eingreifen Russlands in den Bürgerkrieg auf dem Staatsgebiet der Ukraine ist weder von den UN noch von der OSZE bestätigt worden. Bewusste Irreführungen und Falschdarstellungen in der Presse wurden dafür benutzt, die Destabilisierung des Landes weiter voranzutreiben. Die Festivalorganisation prangert Menschenrechtsverletzungen auf der Krim an, aber zu den Morden und dem politischen Terror des Putschregimes in Kiew schweigt sie.
Mit dieser Haltung unterstützt die Oswiecim-Festivalleitung die kulturelle Isolation der großen Mehrheit der Bevölkerungen auf der Krim und im Donbass (offenbar passen sie nicht in das Konzept des LFO von »friedlichen Verbindungen über kulturelle und Ländergrenzen hinweg«). Diese Praxis verbreitet sich immer mehr. Also wurde Bregovic, der den Westen aufgefordert hatte, sich der Paranoia gegenüber Russland zu entledigen, kurzerhand zur Persona non grata erklärt. Anderen (vorwiegend russischen) Kulturschaffenden geht es nicht besser. Die Ukraine hat mittlerweile in großem Ausmaß Bücher und Filme von Künstlern verboten, die »falsche Positionen« beziehen.
In welcher Gesellschaft aber hätte Bregovic sich auf dem LFO befunden? Eingeladen waren zum Beispiel der ukrainische Musiker Taras Tschubai und Kozak System. Sie waren in Kiew auf dem Maidan involviert und haben dort gespielt, um die Straßenkämpfer, die dafür benutzt wurden, den Bürgerkrieg in der Ukraine zu starten, bei Laune zu halten. Taras Tschubai ist auch Gründer der Band Platsch Jeremiji, die dafür bekannt sind, Songs der Ukrainischen Aufstandsarmee, Ukrajinska Powstanska Armija (UPA), zum Besten zu geben. Laut offizieller Statements des polnischen Parlaments und des National Institute of Remembrance war die UPA während des Zweiten Weltkrieges für den Massenmord an 35.000 bis 60.000 Polen in Wolhynien verantwortlich. Die Band Kozak System rekrutiert sich ebenfalls aus radikalen ukrainischen Nationalisten und hat für die antirussische Fernsehserie »The Last Moskal« (Moskal ist in der Ukraine ein Schimpfwort für Russe) die Musik geschrieben. Das Video zu ihrem Song »Fuck off Manifest« zeigt die russische Kultur als ein perfektes Beispiel für moralische Verkommenheit. Diese Bands sind längst fester Bestandteil der ukrainischen Propagandamaschine, die jeden, der der Kiewer Regierung unbequem ist, als Menschen zweiter Klasse darstellt. In diesem Jahr haben Prediger des Krieges und des Hasses die Besucher des Life Festival Oswiecim zum Tanzen gebracht. Faschistischen Tendenzen der ukrainischen Kultur wurde eine Bühne bereitet – eine Entwicklung, die sich derzeit schleichend in der ganzen Welt vollzieht.
Andrey Ukrainskiy
Der Beitrag erscheint in der Melodie und Rhythmus 4/2015, erhältlich ab dem 26. Juni 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.