Erasmus Schöfer zum 90. Geburtstag
Eine Würdigung seines Verlegers
Volker Dittrich
Im Sommer 1999 besuchte ich den Schriftsteller Erasmus Schöfer in seinem Haus auf der Insel Ithaka. Dort gab er mir das Manuskript seines Romans »Ein Frühling irrer Hoffnung«, das er gerade fertiggestellt hatte, und erzählte mir von der Konzeption einer Tetralogie, für die er bisher keinen großen deutschen Verlag begeistern konnte. Vielleicht könnte ich den Roman herausbringen, schlug er vor. Ich saß in der griechischen Abendsonne und las darin über München 1968, die Proteste gegen den Vietnamkrieg, die Blockade des Springer-Verlagshauses nach dem Attentat auf Rudi Dutschke – und über die Schwierigkeiten der fiktiven Hauptfiguren Viktor Bliss und seiner Frau Lena, eine offenere Ehe zu führen und eine freiere Sexualität zu leben. Was Schöfer mir zu lesen gab, waren die ersten Kapitel eines bedeutenden literarischen und sehr lebendig geschriebenen Geschichtsbuchs der Ära eines radikaldemokratischen Aufbruchs. Bald waren wir nicht mehr nur befreundet, sondern für die nächsten zehn Jahre bis zur Herausgabe des letzten Bandes der Tetralogie »Die Kinder des Sisyfos« Autor und Verleger. Als solche kämpften wir gemeinsam für die Finanzierung der Veröffentlichung von Schöfers Werk, für Rezensionen in den Medien und für eine breite Leserschaft – was nicht einfach war in einer Zeit, in der die 1968er-Bewegung von den nachfolgenden Generationen kritisch hinterfragt und beurteilt wurde.
Erasmus Schöfer wurde am 4. Juni 1931 in Altlandsberg bei Berlin geboren. Seine Mutter war Kunsterzieherin und fuhr Motorrad. …
Der komplette Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 3/2021, erhältlich ab dem 18. Juni 2021 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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