Österreich bemüht sich endlich um eine würdige Gedenkstätte für die Opfer des KZ Gusen
Am 5. Mai 1945 wurden die rund 20.000 überlebenden Häftlinge des KZ Gusen in Oberösterreich befreit. Nun plant endlich eine österreichische Regierung, die verbliebenen Liegenschaften des ehemaligen Lagers in Staatseigentum zu überführen.
Im Unterschied zum KZ Mauthausen, wo 1949 auf Drängen der sowjetischen Befreier eine Gedenkstätte entstand, ist das bisher einzige Denkmal auf dem weitläufigeren Gelände des früheren Außenlagers Gusen einer Privatinitiative zu verdanken. Das Gedenkdienstkomitee Gusen engagiert sich seit über 30 Jahren für den Erhalt der baulichen Objekte. Leider sind diese nicht in öffentlicher Hand, nicht zugänglich und stehen am Rande des Verfalls.
Am diesjährigen Tag der Befreiung kündigte die Regierung aus ÖVP und Grünen an, mit den Eigentümern über einen Kauf verhandeln zu wollen. »Für mich ist es ganz wichtig, dass die Reste gesichert werden«, begrüßte die Obfrau des Gedenkkomitees, Martha Gammer, diesen Schritt. Dieser Ort müsse endlich für kollektive Erinnerung erschlossen werden.
Ein Politikum ist die Gedenkstätte in spe schon jetzt. Die Mehrzahl der Häftlinge des KZ Gusen stammte aus Polen. Bereits vor 17 Jahren hatte der damalige polnische Außenminister das österreichische Parlament an die Bedeutung des Lagers erinnert. Aber nichts geschah. Als der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki im Dezember 2019 den Erwerb des Grundstücks erwog, wurde der Druck auf den derzeitigen Kanzler Sebastian Kurz zu groß. Er musste schließlich für die Alpenrepublik die historische Verantwortung übernehmen. Auch eine gute Gelegenheit, den Schatten seines ehemaligen Koalitionspartners, der rechtsextremen FPÖ, schneller abzustreifen.
Maik Rudolph
Der Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 2/2020, erhältlich ab dem 26. Juni 2020 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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