O-Töne von Rolling Stones-Gitarrist Keith Richards, Ton Steine Scherben-Sänger Rio Reiser und Bob Dylan über Songs zum Thema des Schwerpunkts Musik als Waffe:
Ohne Vietnamkrieg kein »Street Fighting Man«
Rolling Stones-Gitarrist Keith Richards zur Politisierung der Musikszene
1968 wurde es politisch, keine Chance, dem zu entrinnen. Außerdem wurde es hässlich. Eingeschlagene Schädel. Der Vietnamkrieg hatte viel mit diesem Stimmungswandel zu tun. Bei meiner ersten Amerika-Reise hatten sie gerade die Wehrpflicht wieder eingeführt. Zwischen ‘64 und ‘66 und dann wieder ‘67 machte die amerikanische Jugend drastische Veränderungen durch. Und nach den Toten von Kent (bei Studentenprotesten an der Kent State University gegen den Vietnamkrieg wurden von der Nationalgarde vier Studierende erschossen) im Mai 1970 wurde es erst richtig finster. …
(Keith Richards »Life«, München 2010, zu »Street Fighting Man«, erschienen 1968 auf »Beggars Banquetet«, dem exponiert politischsten Album der Rolling Stones mit u.a. »Sympathie For The Devil« und »Gimme shelter« (War, children, it‘s just a shot away)).
»Keine Macht für Niemand«
Eine Hymne für den bewaffneten Kampf: Rio Reiser und die konspirative Auftraggeberin
Eines Abends war (…) Anne Reiche (von der Stadtguerilla ›Bewegung 2.Juni‹), ähnlich dem unbekannten Auftraggeber für Mozarts Requiem, in meiner Höhle hinter der Küche am T-Ufer (Tempelhofer Ufer, Westberlin) erschienen. Flüsternd und konspirativ bestellte sie eine Hymne für den bewaffneten Kampf, die dringendst gebraucht werde. Sie sollte die Wirkung haben, die Hörer schreiend hinaus aus den Hütten auf die Straßen und Gassen zu treiben, um den Sturm auf die Paläste zu wagen. Ich solle mich hurtig ans Werk machen. Sprach‘s und verschwand über die Hintertreppe im Winternebel am Gleisdreieck. …
(aus: Rio Reiser, König von Deutschland, Köln 1994, Seiten 248/249. Das Doppel-Album »Keine Macht für Niemand« von Ton Steine Scherben erschien im Oktober 1972 auf dem Label »David Volksmund«.)
Begegnung mit Joe Hill
Wie Bob Dylan eine Biografie erforschte und seinen ersten Protestsong schrieb
Ich hatte einen Song aufgeschnappt. ›I Dreamed I Saw Joe Hill.‹ Ich wusste, dass Joe Hill wirklich gelebt hatte und jemand Wichtiges war. Ich wussten ichts Genaueres über ihn und fragte Izzy vom Folklore Center. Izzy holte ein paar Heftchen über Hillaus dem Hinterzimmer und gab sie mir.
Was ich da las, hätte aus einem Kriminalroman stammen können. Joe Hill war ein schwedischer Einwanderer, der sich an der mexikanischen Revolution beteiligt hatte. Er hatte ein karges und ärmliches Leben geführt und um 1910 Gewerkschaften gegründet; eine messianische Gestalt, die das kapitalistische Lohnsystem abschaffen wollte , ein Mechaniker, Musiker und Dichter. …
(aus: Bob Dylan, Chronicles, Volume One, Hamburg 2004, Seiten 55 ff. Dylan, geboren 1941, schrieb »Song to Woody« 1962. »I Dreamed I Saw Joe Hill« wurde 1925 von Alfred Hayes geschrieben, 1936 von Earl Robinson vertont. Versionen von Paul Robeson, Pete Seeger, Joan Baez und The Dubliners machten den Song auch in Europa bekannt)
Die kompletten O-Töne lesen Sie in der Melodie&Rhythmus 2/2013, erhältlich ab dem 1. März 2013 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
Anzeigen br>