»Die Nähe des Kinos zur Straße war entscheidend«: Ein Streifzug durch die Geschichte des Rockfilms mit Siegfried Schmidt-Joos
Interview: Ulrich Grunert
Im Rock-Lexikon haben Sie bereits Anfang der 1970er Jahre »Rockfilme«, wie Sie sie nannten, in drei Kategorien aufgeteilt: Rockumentaries – das sind Filme, die ein Milieu, ein Festival oder eine Künstlerexistenz dokumentarisch beleuchten. Dann Spielfilme mit prägenden Rock-Soundtracks. Und schließlich solche, deren Handlung im Rockmilieu spielen. Trifft diese Aufteilung heute noch zu?
Im Grunde ja. Die Abgrenzung ist weiter stimmig. Doch gibt es mittlerweile viele Grenzfälle. Zum Beispiel: Wie lassen sich die ganzen Biografien einordnen, die mittlerweile entstanden sind? Die großen Filme über Ray Charles, Johnny Cash, Sid und Nancy oder Lemmy Kilmister? Ist das noch Spielfilm, ist das Rocksoundtrack oder Film im Rockmilieu? Da lässt sich durchaus streiten.
Welches war der erste Rock-Film, den Sie gesehen haben?
Einer der ersten war »The Stones In The Park«. Den habe ich in Hamburg für das deutsche Fernsehen synchronisiert. Die Liveaufnahme vom Free-Concert im Hyde Park wurde am 5. Juli 1969 aufgenommen. Es war das erste Mal, dass der damalige neue Gitarrist Mick Taylor einen Stones- Auftritt absolvierte. Das war eine typische Rockumentary. Der Begriff stammt übrigens von Barry Graves. Einige Zeit vorher hatte ich »A Hard Day‘s Night« im Kino gesehen. Dieser Film bedient von seiner Machart her gleich zwei Kategorien. Er beleuchtet das exzessive Tourleben der Beatles auf dem Höhepunkt der Beatlemania, bietet auch einen typischen Rocksoundtrack jener Zeit. Dann kann ich mich noch sehr gut an »The Harder They Come« erinnern. Ein wunderbarer Film, in dem der jamaikanische Sänger Jimmy Cliff die Rolle des Rude Boys Ivanhoe Martin spielte.
Die Beatles haben als Gruppe und auch einzeln sehr oft und in unterschiedlichen Genres filmisch gearbeitet. Gibt es für Sie einen Streifen, der über dem Durchschnitt steht?
»Let It Be«. Der ist am meisten mit ihnen identisch. Darin haben weniger Leute reingespuckt. Da gab es keinen Richard Lester wie bei »Hard Day‘s Night« oder »Help«.
Ein Film, der für die Entwicklung große Bedeutung hatte, ist »Saat der Gewalt (The Blackboard Jungle)«. Bei Kino- Aufführungen dieser Geschichte einer Jugend-Revolte kam es in den 1950er Jahren in vielen westdeutschen Städten zu Krawallen. Bei heutiger Sichtung wirkt Richard Brooks Film eher brav. Wie erklären sich die Eruptionen?
Vor allem hinterher, nach der Vorstellung, gab es Ärger. Da sind die Kids auf die Straße gegangen und haben Autos angezündet.
Das komplette Interview lesen Sie in der Melodie&Rhythmus 1/2013, erhältlich ab dem 4. Januar 2013 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
Siegfried Schmidt-Joos, geboren 1936 in Gotha. Studium der Germanistik, Philosophie und Musikwissenschaft. Musikredakteur bei Radio Bremen (1959- 1968). Jazz-, Rock- und Popsendungen für viele Radio- und Fernsehsender. Er veröffentlichte Bücher zu Musik-Themen, darunter das »Rock-Lexikon« (Rowohlt) mit etlichen aktualisierten Auflagen – ein Standardwerk mit insgesamt über einer halben Million Exemplaren. Die aktuelle zweibändige Ausgabe (Autoren: Siegfried Schmidt-Joos und Wolf Kampmann) ist als rororo-Taschenbuch erschienen.