Warum Kitsch unseren Wunsch nach einer anderen Welt ausdrückt
Interview: John Lütten
Pompöse Konzerte, Schnulzen und Bad-Taste-Partys – Pop und Kitsch scheinen untrennbar zusammenzugehören. Aber Kitsch ist nicht einfach billige Kunst. Er ist ihr schlechtes Gewissen. Das meint zumindest der Literaturwissenschaftler Wolfgang Braungart*, der zum Kitsch und seiner Geschichte forscht. M&R sprach mit ihm über das Verhältnis des Kitsches zur Kunst und dessen Rolle im Kapitalismus.
Über Phänomene in der Popwelt, etwa den Eurovision Song Contest oder seine Teilnehmer – Jamie-Lee Kriewitz trat im quietschbunten Manga-Outfit auf –, heißt es häufig, sie seien »kitschig«. Was bedeutet das eigentlich?
Dieses Attribut beschreibt eine ästhetische Erfahrung, die wir besonders eingängig und umstandslos finden. Wir nennen »kitschig«, was Emotionalität und Nähe auf einfache und andienende, ja anschmiegsame Art inszeniert. Der Begriff wird meist kritisch angewendet, da Kitsch als triviales Gegenstück zur Kunst gilt. In der Popkultur wird Kitsch-Ästhetik aber auch genutzt, um einen ironischen Abstand zum Dargestellten zu schaffen. Die vermeint liche Trivialität des Kitsches ist mittlerweile also selbst eine ästhetische Strategie.
Sie bezeichnen Kitsch als »das schlechte Gewissen der Kunst«, weil er zeige, was sie nicht sein darf und eben doch auch sein kann. Wieso?
Kulturgeschichtlich betrachtet: Es gibt im 18. Jahrhundert eine Entdeckung des Populären durch die »hohe Kultur«. …
Das komplette Interview lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 6/2016, erhältlich ab dem 28. Oktober 2016 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
*Wolfgang Braungart ist Professor für Neuere Deutsche Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Bielefeld. Er hat den Sammelband »Kitsch. Faszination und Herausforderung des Banalen und Trivialen« herausgegeben, der 2002 erschienen ist.