Die Kamtschatka ist seit langer Zeit ein Pilgerort der russischen Rockmusikszene. Nun droht ihr das Aus
Alexandre Sladkevich
Die Bewohner von Sankt Petersburg wird die Frage »Wie kommt man zur Kamtschatka?« kaum wundern, obwohl die Halbinsel Tausende von Kilometern von der »Stadt der drei Revolutionen« entfernt liegt. Die hiesige Kamtschatka befindet sich auf der Blochin-Straße im Keller eines fünfstöckigen Stalin-Baus. Das 1937 im damaligen Leningrad erbaute Gebäude besaß einen Kesselraum. Es wurde mit Kohle geheizt. Der Raum befand sich im Keller, wo 1986 Sergej Firsow anfing, als Heizer zu arbeiten.
Firsow, heute Musikproduzent, Leiter der Kamtschatka und der Musikbibliothek des Leningrader Rockclubs, half damals weiteren Menschen, die von Repression bedroht waren, hier eine Anstellung zu bekommen. Darunter waren Schlüsselfiguren der russischen Rockmusik wie Wiktor Zoi und Alexander Baschlatschow. Bis 1991 galt Paragraph 209 des Strafgesetzbuches, demzufolge sogenannte Sozialschmarotzer verfolgt wurden.
Der Kesselraum wird stets an erster Stelle mit Zoi assoziiert. Wer auf die Idee kam, ihn »Kamtschatka« zu taufen und wieso – das weiß keiner mehr. Doch der Name hat sich etabliert. Kamtschatka ist ein Ort, wo früher illegale Konzerte stattfanden. Das Haus stand etwas abseits. 1987 hat hier Alexei Utschitel einen Teil seines Films »Rock« über die sowjetische Musikszene gedreht. Der Streifen zeigt eine Szene, in der Zoi Kohle in den Kessel wirft und dabei sagt: »Ich fühle mich einfach frei. Absolut frei.« Kamtschatka war tatsächlich ein Ort der Freiheit, wo die Untergrund-Musiker und ihre Anhänger sich gesammelt und musiziert haben.
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 6/2015, erhältlich ab dem 30. Oktober 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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