Melodie & Rhythmus

»Und dann ist man der Typ, der erkannt wird«

28.08.2013 08:43

Zwischen Kindergartenaktionen und Doppelhaushälfte: Nicholas Müller und Andreas Becker über Erfolg und wie es ist, älter und piefiger zu werden
Interview: CKLKH Fischer, Fotos: Kay Rachui

Wie lebt es sich denn so nach dem großen Durchbruch?
Nicholas Müller: Es war auf jeden Fall ein größerer Erfolg als wir je erwartet haben.
Andreas »Becks« Becker: Sehr viel größer!
Nicholas: Und gut geht es. Was den Lebensstandard angeht – das hatte Priorität. Zu sagen, dass wir jetzt von der Musik leben können. Wir müssen nicht reich werden, aber wir können nun einen gesunden Mittelstand halten. Vorher haben wir alle noch gearbeitet. In dem Monat, in dem »Still« rausgekommen ist, haben wir das erste Mal in neun Jahren Bandgeschichte tatsächlich ein Plus auf dem Bandkonto gehabt: 3,50 € oder so.
Andreas: Die erste Auszahlung war dann so 150 € für jeden. Und wir so »Wow! Geil!«
Nicholas: Das ist natürlich nicht der Motor für unsere Band. Aber es ist schon geil, wenn man sagen kann – weil ich oft beim Arzt bin zum Beispiel – »Was machen sie denn beruflich?« – »Ich bin Musiker.« – »Sind sie denn versichert?« – »Ja, mittlerweileschon!«

Wie war das damals, als »Still« überall im Radio lief? Habt ihr lauter gedreht oder irgendwann das Lied weggemacht?
Andreas: Ich habe es nie weggedreht! Ich habe es aber gar nicht so oft gehört wie andere, am Anfang sogar gar nicht. Da habe ich immer SMS bekommen »Ey, ihr seid gerade im Radio!« Das erste Mal habe ich es in einer Tankstelle im Hintergrund gehört und dachte, och, hört sich auch hier ganz gut an.
Nicholas: Ich habe es zum ersten Mal beim Duschen gehört. Zu der Zeit hatten wir noch ein Duschradio. Danach ist es mir peinlicherweise immer dann passiert, wenn ich im Supermarkt war. In Münster gibt es so ein Stadtmagazin, »Ultimo« heißt das, und da waren wir auf dem Cover. Das lag dann auch noch in sämtlichen Supermärkten aus. Ich ging also schon quasi mit tief gezogem Hut da rein, weil ich das einfach nicht gewohnt war. Und dann lief da auch meistens tatsächlich »Still«. Es ist schon strange: Wir haben jahrelang Musik gemacht, passioniert und ständig, aber eben ohne große Beachtung zu finden. Da gewöhnt man sich dran. Und dann ist man der Typ, der erkannt wird. Obwohl sich das bei uns ja noch in Grenzen hält.
Andreas: Ja, bei mir auf jeden Fall! Das einzige, was ich ein bisschen nervig finde, ist, wenn ich auf einer Party bei Freunden bin und die machen »Still« an. Da denke ich schon »Naja, könnt ihr auch sein lassen. Wir wissen ja alle, dass ich in dieser Band spiele, da muss das ja nicht.«
Nicholas: Deswegen gehst du auch auf keine Partys mehr.
Andreas: Genau!
Nicholas: Wirst aber eh nicht mehr eingeladen! (beide lachen)

Geht es den Fans ähnlich – oder lieben die das Lied einfach?
Nicholas: Es gibt solche und solche. Viele alte Fans sagen einfach: »Ihr habt viel viel bessere Songs, warum muss es gerade ›Still‹ sein?« Mögen sie vielleicht sogar recht haben. Aber ich werde diesen Song niemals richtig scheiße finden, ich werden ihn niemals verteufeln, weil er uns so viel ermöglicht hat, und weil es ein Song war, der einfach so rausgekommen ist, ohne es zu forcieren. Es gibt alte Fans, die, wenn wir das Lied spielen, eben ein Bier holen, aber die nehmen uns ihn nicht übel. Das passiert jeder Band mal, wenn der exklusive Faktor flöten geht. Dafür sind jede Menge neue Fans dazu gekommen.
Andreas: Ich kann das auch verstehen, wenn Fans der ersten Stunde sagen, ich fand das im kleinen Rahmen cooler. Das Problem ist, dann muss so eine Band irgendwann aufhören, Musik zu machen.
Nicholas: Das lässt sich irgendwann einfach nicht mehr tragen. Wir waren tatsächlich so pleite, dass wir gesagt haben, wenn das hier in die Hose geht, dann … So was geht an die Existenz. Das heißt nicht, wir hatten keinen Bock mehr.

Welche Art Hallen füllt ihr denn heutzutage?
Nicholas: Im Schnitt sind wir wohl so bei eineinhalb, zweitausend. Wir sind aber auch lange unterwegs, das läppert sich dann schon. Da sind dann schon so ein paar zehntausend Menschen, die uns gesehen haben.
Andreas: Oder es sind immer die gleichen! …

Das komplette Interview lesen in der Melodie&Rhythmus 5/2013, erhältlich ab dem 30. August 2013 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.

Lesen Sie auch:

Jupiter Jones: In der Hitze des Erfolgs, M&R 5/2013

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