Melodie & Rhythmus

EDITORIAL: Da Da Da

26.06.2012 12:45

Prince

Das Jahrzehnt zwischen 1980 und 1990 wird unter vielen Musikliebhabern als verlorenes Jahrzehnt abgehakt. Vorher erfreute man sich an »Stairway To Heaven«, hinterher an »Smells Like Teen Spirit«, dazwischen an »Cheri, Cheri Lady«.

Das ist natürlich ungerecht. Dieter Bohlen mag in deutschen Köpfen eine langanhaltende Geschmacksverirrung verursacht haben, aber er war nicht der Herr des Jahrzehnts. Das wurde von Madonna, Whitney Houston, Michael Jackson, Talk Talk, The Cure, den Talking Heads oder den Pet Shop Boys geprägt. Auch Ultravox gehörten zu den großen Architekten des kühlen Sounds. Noch heute erinnert sich ihr Mastermind Midge Ure mit Wohlgefallen an diese Zeit (S. 44).

In der Bundesrepublik hatte man nach Erfindung der NDW ganz viel Spaß, was bei Trio durchaus zutraf, bei Nena dagegen zum Albtraum wurde. In der DDR teilte sich die Musikszene auf. Die erfolgsverwöhnten alten Bands spielten unverdrossen weiter, mussten aber plötzlich in kleineren Sälen vor weniger Publikum auftreten. Parallel dazu formierten sich junge Bands, die die hippen westlichen Vorbilder bis zur roten Ledermütze ganz genau kopierten und mit dem geklonten Sound immer erfolgreicher wurden. Als sie endlich soweit waren, einen eigenen Stil zu entwickeln, verdampfte die DDR. Was von den DDR-Pop-Bands der achtziger Jahre übrig blieb, lesen Sie auf Seite 50.

Ganz unten, in den Kellern und Hinterhöfen der DDR, entstand zur gleichen Zeit eine Szene, der sowohl die Alt-Rocker als auch die NDW-Kopisten schnurzegal waren. Sie experimentierten fröhlich vor sich hin, erklärten Geräusche zur Musik und weigerten sich größtenteils, vor einer staatlichen Einstufungskommission die Hosen runterzulassen. Ein Verbündeter dieser alternativen Bands war Lutz Schramm. Er spielte in seiner Sendung »Parocktikum« auf DT64, was andere gern verboten hätten (S. 52).

Wolf Kampmann erzählt, wie Killing Joke um einen Welthit betrogen wurden (S. 54). Das geschah 1992, könnte aber ein Beitrag zur aktuellen Urheberrechtsdebatte sein. Den liefert Manfred Maurenbrecher (S. 80) als Replik auf einen Beitrag von Jürgen Winkler, der in Heft 03/2012 Sven Regeners Wutanfall kommentierte. Lukas Dubro ergänzt die Debatte und stellt neue Geschäftsmodelle für den Musikvertrieb vor (S. 82).

Apropos neu: Nach dem Relaunch des Heftes modernisieren wir auch unsere Website. Ab sofort finden Sie unter www.melodieundrhythmus. com Hörbeispiele aller Bands, die wir in der Rubrik »Aufschwung Rock« vorstellen. Wenn Sie das auch so toll finden wie wir, dürfen Sie uns gern mit einem Abo unterstützen. Dann können Sie das Foto ihrer Lieblingsnachwuchskünstler ausschneiden und auf den Monitor kleben, während die Musik läuft. Kann das Leben schöner sein?

Herzlichst,
Ihre M&R-Redaktion

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