M&R und der »Echo«: Die Frage bleibt, warum Frei.Wild überhaupt nominiert wurden
Text: Raoul Wilsterer
Unstrittig dürfte sein: Ohne den öffentlichen Protest – schriftlich, mündlich, visuell artikuliert – wäre die Nominierung der Rechtsrocker von Frei.Wild für den Musikpreis »Echo« nicht zurückgenommen worden. Insbesondere dem Vorpreschen von ebenfalls preisverdächtigen Bands aus der Szene – Kraftklub und Mia beispielsweise – ist es zu verdanken, dass das Thema überhaupt debattiert wurde. Letztlich scheiterten die Südtiroler und versuchten – ebenso wie die Neonazis von der NPD – aus Anlass der Echo-Veranstaltung vor Ort in Berlin Stärke zu zeigen, doch blieb ihr Aufmarsch per Truck und mit Frei.Wild-Hirschgeweih kläglich.
Die Frage indes, wie die Jury überhaupt auf die Idee kommen konnte, die Kapelle mit den rassistischen, heimattümelnden Texten zu nominieren, blieb auch danach unbeantwortet. Sicherlich ist der »Echo« ein Produkt eines an Kommerz, Erfolg und Gewinn orientierten Denkens und weniger künstlerischen Werten verpflichtet. Trotzdem war bekannt, wes Geistes Kind Frei.Wild sind, und niemand sage, er habe nichts gewusst.
In M&R 2/2013 beispielsweise informierte der auf die Rechtsaußen-Musikszene spezialisierte Undercorver-Journalist Thomas Kuban, es sei der Band »gelungen, die Marktlücke der Onkelz zu besetzen«. Frei.Wild proklamieren »einen aggressiven Nationalismus und Hass gegen Andersdenkende«. Auch »antisemitische und Holocaust-verharmlosende Textfragmente finden sich in Form von Anspielungen«. Frei.Wilds politische Botschaften setzten sich in den Köpfen der Fans fest, warnte Kuban. Die Echo-Jury, immerhin zuständig für »einen der wichtigsten Musikpreise der Welt« (Der Spiegel), hätte informiert sein müssen. Und hatte doch aus ihren Böhse Onkelz-Verharmlosereien von 2001 und 2003 nichts gelernt.
Der Beitrag erscheint in der Melodie&Rhythmus 3/2013, erhältlich ab dem 26. April 2013 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im M&R-Shop. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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