Ein neues Museum in Südafrika will sich als Sprachrohr für die zeitgenössischen Künstler des Kontinents etablieren
Vom Getreidesilo zum Kunsttempel: Das Zeitz Museum of Contemporary Art Africa (MOCAA) in Kapstadt zeigt seit September afrikanische Gegenwartskunst des 21. Jahrhunderts – 6.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche offenbaren einen umfassenden Repräsentationsanspruch. »Eine Plattform für Afrikaner, ihre eigene Geschichte zu erzählen«, erläutert Chefkurator Mark Coetzee die Vision hinter der spektakulären Architektur. Doch deren Rahmenbedingungen, so monieren Kritiker, diktiere ausgerechnet der gesättigte Kunstmarkt des Westens, auf dem zeitgenössische Kunst aus Afrika gerade einen Boom erlebt. Entsprechend »in aller Eile zusammengestückelt« erscheint die Sammlung dem südafrikanischen Kulturjournalisten Sean O’Toole. Auch das auf dem Dach des Museums angesiedelte opulente Boutique-Hotel verstärkt den Eindruck, hier würden aktuell marktgängige Werke von einer ökonomischen Elite unter dem Feigenblatt der Selbstermächtigung der Künstler des Kontinents gezielt im Luxussegment platziert. Wir lassen folgende These diskutieren:
Das MOCAA beschleunigt den Ausverkauf der zeitgenössischen Kunst in Afrika.
Pro
Im Dienst des Corporate Black Consciousness
Nachdem lange Zeit die »Tribal Art« des vorgeblich traditionsgeladenen Kontinents propagiert wurde, haben in den vergangenen Jahren Werke von Künstlern aus Afrika weltweit führende Museen wie das MoMA in New York erreicht. Im Mai 2017 fand bei Sotheby’s in London die erste große Auktion zeitgenössischer afrikanischer Kunst statt. Und nun also im September die Eröffnung des Zeitz MOCAA an der V&A Waterfront. Hat sich die afrikanische Kunst der Moderne und Postmoderne mit der Eröffnung des »ersten bedeutenden Museums zeitgenössischer Kunst in Afrika«, als das sich das MOCAA preist, nun auch auf dem Kontinent etabliert? …
Heike Becker ist Professorin für Sozial- und Kulturanthropologie an der University of the Western Cape in Kapstadt. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Schnittstellen von Kultur und Politik, Ästhetik, sozialen Bewegungen, Erinnerungs- und Populärkultur.
Foto: privat
Contra
Ein Platz am Tisch der Kunstwelt
Den Begriff des »Ausverkaufs« zusammen mit jenem der »zeitgenössischen Kunst« zu verwenden, ist paradox. Oder einfach nur tautologisch. Zeitgenössische Kunst ist ja gerade dadurch definiert, dass sie sich in einer in sich geschlossenen, eigenen Kultur bewegt, die wir die »Kunstwelt« nennen, und zu deren Motor ist im Lauf der Zeit eben zunehmend der Markt geworden. Sich dort zu bewegen, ist gleichbedeutend mit Ausverkauf. Die Frage, die sich wirklich zu stellen lohnt, muss dagegen lauten: Inwiefern beschleunigt das MOCAA den Ausverkauf zeitgenössischer Kunst aus Afrika? …
Robin Scher stammt aus Südafrika und studierte Cultural Reporting und Criticism an der New York University. Er schreibt regelmäßig für diverse Kunst- und Kulturmedien wie ARTnews, Hyperallergic und Riot Material und twittert sporadisch unter @RobScherHimself.
Foto: Christian Kerr
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