Thomas D entdeckt den Hip-Hop neu und leiht seine Stimme einem, der sich nichts sagen lässt
Text: Agnieszka Debska, Foto: Monique Wüstenhagen
Als ich einem Freund erzählte, dass ich Thomas D interviewen würde, drückte er mir eine über zwanzig Jahre alte CD der Fantastischen Vier in die Hand: »Vier gewinnt«. Die Hülle war zerschlissen und das Booklet gewellt, weil er damals die Texte unter der Dusche einstudiert hatte. Er wünschte sich nichts mehr, als ein Autogramm. Und wen wundert es? Thomas D und die Fantas sind seit ihrem Hit »Die da!?« von eben jenem Album in der ganzen Republik bekannt – und haben damit anno 1992 den deutschsprachigen Rap ins Rampenlicht geholt.
Bereits fünf Jahre später veröffentlichte Thomas D schon seine erste Solo-Platte (sinnigerweise »Solo« benannt), ein buntes Album, auf dem er seinen Rap über Ambient, Rockgitarren sowie typische Hip-Hop-Beats der Hamburger Schule legte und Spaßiges mit Halbernstem kombinierte. Das Ernste überwog dann, als er 2001 mit »Lektionen in Demut« ein für das Genre musikalisch untypisches Konzeptalbum vorlegte, das den Umgang der Menschen miteinander und mit der Natur anprangerte, und dem Rapper ein Image als Gutmensch und Esoteriker verpasste. Womit er ganz und gar kein Problem hat.
Im Büro der Promotionsfirma wird Thomas bereits vor dem Interview von Patrice Bouédibéla beschäftigt, dem Ex-MTV-Moderator, den man irgendwie überall in Berlin zu sehen glaubt. Die Stimmung ist locker, es wird gewitzelt, um die Beine scharwenzelt ein kleiner Hund. Thomas ist entspannt. Das ist wohl sein Grundzustand: Schon immer ein Landei, wie er sagt, hat er auf seinem Grundstück – dem Kommunen-ähnlichen Domizil M.A.R.S, in das er 1999 zog – ebenfalls Hunde, außerdem Katzen, die sich, wie ich später erfahre, nicht sonderlich vertragen und ihm »ins Gemüse pissen«. Alles hat seinen Preis. Doch dem Veganer, der sich für den Tierschutzverein Peta engagiert, wurde auch schon mal Heuchelei vorgeworfen, weil er Öko predige, mit seinen beruflichen Reisen aber selbst die Luft verpeste. Wie ein Prediger kommt er jedoch nicht rüber, als ich ihm gegenübersitze. »Ich würde nie sagen, dass ich besser bin oder irgendwas richtig mache«, erklärt er. »Ich versuche, für mich persönlich so zu handeln, dass es für mich ok ist.« Dann zitiert er aus der Bibel – derjenige ohne Sünde möge den ersten Stein werfen – und ergänzt: »Lass sie werfen. Das bringt mich nicht um.« Dieses Jahr wurde ihm der Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg verliehen – für sein Engagement gegen Rassismus und für den Tierschutz.
Thomas D Aufstieg und Fall des Tommy Blank
Columbia/Sony
www.thomasd.net
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie&Rhythmus 1/2014, erhältlich ab dem 3. Januar 2014 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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